Grazer Zärtlichkeiten

SK Sturm Graz – FC Admira Wacker Mödling 1:1
Samstag, 05.12.2015, 18:30 Uhr
Stadion Liebenau, 5.129 Zuschauer (ca. 39 Gästefans)
Bundesliga Saison 2015/16, 19. Runde

Der Haussegen beim SK Sturm hängt bereits seit einiger Zeit schief. Vor wenigen Wochen starteten die aktiven Fanklubs die Initiative „Wir wollen Sturm sehen“, um auf Fehlentwicklungen im Verein hinzuweisen. Eine dieser fragwürdigen Entwicklungen ist die Tatsache, dass der Verein seit dem Abgang von Ayhan Tumani (oder eigentlich schon davor) keinen Sportdirektor mehr besitzt. Diese Position wird vorübergehend vom General Manager ausgefüllt, der gleichzeitig auch für die wirtschaftlichen Belange im Verein zuständig ist. Damit kehrte man praktisch wieder zur „Ein-Personen-Spitze“ zurück, die man bei der Generalversammlung 2012 eigentlich in Pension schicken wollte. Schon bei der Aussendung zu „Wir wollen Sturm sehen“ wurde dieser Umstand von den Fans kritisiert und anlässlich des Spiels gegen Admira Wacker wurde genau dieser Umstand als Leitthema für ihren Aktionstag auserkoren.

Das Vorspiel

Gegen 6:20 Uhr läutete das Telefon in der Redaktion einer lokalen Zeitung. Die druckfrischen Ausgaben waren gerade erst ausgeliefert worden und schon erkundigten sich verwunderte Leser über den Hintergrund einer Anzeige bezüglich einer Lehrstelle. In dieser suchte ein Grazer Traditionsverein einen Sportdirektor, dessen Aufgabe es sei, Trainerwünsche zu erfüllen. Rasant verbreitete sich diese Information über die neuen Medien und bald war die Anzeige Gesprächsthema Nummer 1 in der Stadt, auch die Medien griffen die Geschichte dann auf. Weniger erfreut zeigte man sich in der Geschäftsstelle des Vereins, rechnete man nach den letzten Spielen wohl nicht mehr mit einem erneuten Aufflammen der Initiative der Fanklubs. Gerüchten zufolge gab es auch die Idee, kritische Spruchbänder am Eingang zu konfiszieren, von diesem demokratiepolitisch mehr als bedenklichen Schritt sah man dann aber doch ab (sofern es jemals wirklich zur Diskussion stand).

12343011_957861030917865_1434296357_o
Zur etwa selben Zeit froren sich etliche Fans bei ihrem Treffpunkt die Finger ab und bereiteten die Choreografie für das Spiel vor, die dann auch wenige Minuten vor Einlass fertig gestellt werden konnte.

Der Akt

Pünktlich zum Einlass betraten wir diesmal in großer Zahl das Stadion, galt es doch, die letzten Schritte der Choreografie vorzubereiten. Beinahe machte uns ein Materialfehler noch einen Strich durch die Rechnung, doch dank etlicher Heinzelmännchen konnte die Choreografie noch gerettet werden. Als die Mannschaft dann den Rasen betrat, blieb die Kurve stumm. Vor dem Mittelblock prangte nur ein riesiges Fragezeichen mit dem Zusatz „Sportdirektor gesucht“. Wenig später folgten links und rechts davon die Teile der Stellenausschreibung. Auf der einen Seite jener Teil, der den Arbeitsplatz beschrieb und den traurigen Ist-Zustand im Verein darlegte, auf der anderen Seite die Beschreibung dessen, was nötig wäre, damit dieser endlich wieder einen Schritt vorwärts machen könnte. Bei der Choreografie handelte es sich um den zweiten Teil unseres heutigen Aktionstages. In ersterem platzierten wir in einer lokalen Zeitung eine Stellenanzeige mit ähnlichem Inhalt.

20151205-0035_C7D_147720151205-0003_1DCB9458

Ehe wir loslegten, ließen wir die Choreografie noch ein paar Minuten auf die wenigen Stadionbesucher einwirken, die sich den faden Kick noch antun wollen. Die Kurve war im Vergleich zum restlichen Stadion gut gefüllt und sorgte für eine ordentliche Stimmung. Warum Herr Krentl unbedingt darauf hinweisen musste, dass die Kurve sehr leer wäre, während das restliche Stadion wirklich leer war und keine Erwähnung fand, kann wohl nur er aufklären.

Zum Spiel braucht man eigentlich keine Worte mehr verlieren. Auch wenn die Admira erst in der 96. Minute den Ausgleich erzielte, war es ein mehr als gerechtes Unentschieden. Die Jammerei von wegen Schiedsrichter und langer Nachspielzeit ist hier komplett fehl am Platz. Sturm war der Admira über 90 Minuten ebenbürtig, die roten Karten verdient. Selbst wenn Sturm das Spiel mit 11 Mann beendet hätte, wäre das Unentschieden, das die wenigen mitgereisten Admiraner bejubelten, am Ende gerecht gewesen.

Das Nachspiel

Der Aktionstag der Fans hatte gesessen. Während die Aktion bei der breiten Masse für ein Schmunzeln sorgte, lag sie den Vereinsvertreten im Magen wie ein Stück geschmolzener Käse. Nach einem Tag der Ruhe meldete sich der Präsident via Zeitung zu Wort und ließ den Verantwortlichen ausrichten, dass mit dieser Kritik eine „Grenze überschritten“ worden sei und man nun mit entsprechenden „Maßnahmen“ zu rechnen habe. Welche Grenze überschritten wurde, blieb offen. Persönliche Angriffe gab es keine – es sei denn, der General Manager füllt nun auch offiziell und nicht nur übergangsweise den Posten des Sportdirektors aus.
Wie dem auch sei, die Rhetorik wird schärfer, die Stimmung zwischen Fans und Verein schlechter. Man darf gespannt sein, wie sich die Beziehung weiter entwickelt.

– geka –

P.S: Am Rande des Spiels gab es auch etwas sehr Erfreuliches zu vermelden. Unsere Spendenaktion „Schwoaze Helfen“ überschritt bereits am zweiten Aktionstag die 10.000 Euro-Grenze. Ein herzliches Dankeschön an alle Spender und Unterstützer.

Fotos: Klassische Version | Mobile Version