SK Rapid Wien – SK Sturm Graz, 1:0
Samstag, 28.2.2015, 18:30 Uhr
Ernst-Happel-Stadion, 15.200 Zuschauer, ca. 1000 Gäste
Bundesliga 2014/15, 22. Runde
Was wünscht man sich mehr?
Eine Liga voll unattraktiver Vereine, Fußball auf dementsprechendem Niveau, leere Stadien und eines von wenigen Duellen, das (meistens bis auf das Sportliche) stets das Gegenteil verspricht: Sturm gegen Rapid, Rapid gegen Sturm. Die Umstände konnten an diesem frühlingshaften Samstag wohl kaum besser sein. So durfte man sich angesichts ausgebuchter Fanbusse, dem Kampf um die Qualifikation für den Europacup und der gewachsenen Rivalität der Anhängerschaft beider Mannschaften einen schönen Samstagabend im Happelstadion erwarten. Dass die bereits ausgetragenen Matches 2015 nicht annähernd den Durst nach Fußball, wie wir ihn nunmal gerne hätten, gestillt haben, durfte dem ganzen die restliche Würze verleihen. Doch mit den Ereignissen, die sich im Laufe dieses Spieltages abseits des Fußballs noch abspielen sollten, hätte wohl niemand gerechnet– aber dazu später mehr.
Von übertriebenen Maßnahmen bis zur Gesetzlosigkeit des Hüters der Gesetze
Kurz vor 14 Uhr traf man sich wie üblich in Liebenau, um wenig später nach Wien aufzubrechen. Die bereits genannten Vorzeichen und die Anwesenheit guter Freunde sorgten für eine nette Stimmung im Bus, die so bis zur Raststation in Leobersdorf anhalten sollte. Denn dort bekam man das erste Mal an diesem Tag zu spüren, welchen Stellenwert man als Fußballfan in unserem sogenannten Rechtsstaat hat. Dort angekommen wurde man von den Damen & Herren in blauer Uniform begrüßt, die sich eifrig in Richtung Bus bewegten, um diesen aus Sicherheitsbedenken zu durchsuchen. Dass dies Unruhe verursacht, sollte ohnehin klar sein, denn wer lässt schon gerne sein persönliches Eigentum von fremden Leuten durchstöbern? Aber gut, dies geschah immerhin noch im Rahmen der Gesetze, auch wenn eine Razzia dieser Dimension in letzter Zeit für unsere Verhältnisse einzigartig bleibt. Dass sämtliche Rucksäcke durchwühlt und ungeöffnete Getränkeflaschen auf ihren Inhalt untersucht wurden, war dabei ebensowenig zu vermeiden wie die Konfiszierung einzelner Kleidungsstücke. Fragwürdiger war da schon das gewaltsame Unterbinden des legalen (!) Filmens dieser Amtshandlung, was zwar mit einem zersprungenen Handy-Display endete, dafür aber umso eindeutigeres Videomaterial ergab. Kommen dazu noch das willkürliche Aufnehmen von Personalien und Verweigerung der Dienstnummernangabe, ist die Schikane und damit der geschürte Unmut perfekt. Waren diese Nettigkeiten der Polizei, die später noch durch weiteres nervöses Verhalten und sinnlose Aktivitäten in sozialen Netzwerken auffiel, beendet, konnte die Fahrt zur Destination im Herzen Wiens weitergehen.
Zurück zum Wesentlichen
Ein paar Minuten und eine falsche Umleitung später kam man eine gute Dreiviertelstunde vor Anpfiff vor dem Sektor an und nachdem restliche Eintrittskarten gekauft wurden, betrat man endlich gemeinsam die Interims-Spielstätte des Gegners, die diesmal unter anderem aufgrund von organisatorischen Unzulänglichkeiten in Erinnerung blieb: So waren für fast tausend Mitgereiste gerade einmal sechs Toiletten geöffnet, was zu langen Schlangen und dem einen oder anderen Freipinkler führte.
Das Spiel selbst verlief ähnlich unglücklich wie die Szenen davor. Zunächst machten ein ansehnliches Intro mit reichlich Pyrotechnik und großen Schwenkern seitens der angereisten Grazer sowie eine ebenfalls geglückte Fahnen-Choreographie der Heimfans noch Lust auf mehr, dennoch war die Partie im Großen und Ganzen, wie im Übrigen auch schon die Cupbegegnung im Herbst, innerhalb der ersten fünf Minuten entschieden: Bereits in Minute 3 erwischte es Martin Ehrenreich, der eine rote Karte sah, die wohl mehr als fragwürdig war. Trotzdem zeigten unsere Kicker, ebenso wir auf den Rängen, in Hälfte eins in Unterzahl eine respektable Leistung, die leider nicht belohnt wurde. Denn in der Nachspielzeit war es ausgerechnet Robert Beric, der den Ball per Kopf im leeren Tor versenkte. Von diesem unglücklichen Treffer gezeichnet, war die Leistung in den nächsten 45 Minuten leider weit unter der der ersten Halbzeit, so kann man von Glück reden, dass es bei einigen vergebenen Chancen der Grün-Weißen und einem Tor Vorsprung für diese blieb. Trotz allem präsentierte sich unser gut gefüllter Block über weite Strecken relativ motiviert, auch eine neue Nummer, die erstmals im Stadion intoniert wurde, erwies sich nach kürzerer Anlaufzeit als mitreißend.
Erwähnenswert auch ein an Ligaverantwortliche gerichtetes Spruchband, das von unserer Seite präsentiert wurde, und wohl gut in Worte fasst, was sich viele in den letzten Tagen gedacht haben dürften: „Bei Pyro greift ihr durch, bei Dorfklubs geht ihr in die Knie, so verbessert ihr das Image der Liga nie!“ Passend dazu fand auch die Heimkurve durchaus wahre Worte, um die Missstände im österreichischen Fußball aufzuzeigen. So kritisierten diese neben leeren Stadien, miserablen Plätzen und der Qualität des Sports auch den Umgang mit jenen Menschen, die sich trotzdem Woche für Woche am Fußballplatz einfinden, um ihren Lieblingsklub spielen zu sehen.
Sportlich betrachtet sind wir nun mit 29 Punkten auf Tabellenplatz 5, während Rapid sich 6 Zähler hinter dem Dosenklub aus Salzburg auf Platz 2 befindet. Somit ist im Grunde noch nichts verloren und das anvisierte Ziel heißt Europapokal!
Das Nachspiel nach dem Spiel
Also verabschiedete man sich von der Mannschaft und verließ das Stadion. Dort, wie üblich von einer Schar an Freunden & Helfern umgeben, bekam man bald Besuch von einer ansehnlichen Abordnung aus dem Heimblock, die wohl schnell Hallo sagen wollte. Kurz und knapp, dies wurde von der Polizei verhindert, ein paar Zärtlichkeiten wurden mit dieser ausgetauscht, die Nervosität stieg weiter an, und so kam es zu weiteren Personalienfeststellungen und noch unangenehmeren Maßnahmen. Jedoch war dies dem BMI anscheinend noch nicht genügend Aufsehen erregend für einen Tag und so wurde dort wohl beschlossen, mittels eines lächerlichen Tweets der Performance von Nachmittag bis Abend die Krone aufzusetzen.
Anschließend konnte etwas später als geplant in Richtung Heimat aufgebrochen werden. In den ersten Minuten dieser Fahrt war natürlich der Umgang mit Repression und Schikanen dieser Tragweite Gesprächsthema Nummer 1, nachdem dies ausreichend diskutiert worden war, probierte man dennoch, sich selbst und das Fußballfandasein wie üblich zu zelebrieren, was, wenn auch mit einem etwas unguten Gefühl im Magen, doch recht gut gelang.
Abschließend bleibt dennoch zu sagen, dass erwähnte Aktionen als Reaktionen zumindest alles andere als eine Besserung der Stimmung zwischen den zwei Seiten, die sich leider so oft gegenüberstehen, hervorrufen und genau um dies zu verhindern, sollte auch von der Staatsgewalt mit etwas Cleverness und Köpfchen anstatt mit Willkür und Gesetzesbrüchen an die Sache herangegangen werden, um die Lage nicht unnötig zu verschlimmern. Dieser Abend bestätigte nämlich nur einmal mehr das Gefühl, als Fußballfan ein ideales Feindbild für die Exekutive darzustellen, bei dem geltendes Recht schon mal sehr weit ausgelegt werden kann. Der mittlerweile immer rauere Ton der (Print-)Medien in unsere Richtung fördert zudem eine öffentliche Sichtweise auf Fankultur, die vom Bild eines aggressiven, asozialen und kriminellen Fußballfans ausgeht und damit weiter Öl ins Feuer gießt. Bedenkliche Entwicklungen jedenfalls, mit denen wir in letzter Zeit konfrontiert sind.
Ach ja, und was das Sportliche angeht: Wie bereits erläutert, ist noch alles drin, wenn es darum geht, international zu spielen. Dafür braucht es jedoch nicht nur 11 entschlossene Jungs auf dem Feld, sondern auch eine starke Fangemeinschaft, die diese stärkt. Somit sind wir, damit ist die Anhängerschaft unseres Herzensklubs gemeint, dazu angehalten, unsere Schwoazen dorthin zu treiben, wo sie hingehören, und zwar nach Europa!
-CNT-FAI-
Fotos: klassische Version | mobile Version