Vertagter Showdown um Platz zwei

SK Sturm Graz – SK Rapid Wien 2:2
3. Mai 2015, 16:30 Uhr
Stadion Liebenau, 15.323 Zuseher (ca. 1500 Gästefans)
Bundesliga 2014/15, 31. Runde

24. August 2011: Der Gegner heißt BATE Borisov aus Weißrussland, das Stadion ist ausverkauft bis auf den letzten Platz, 90 Minuten trennen die Schwoazen vom heißersehnten Einzug in die Königsklasse, doch der Traum platzt – Sturm verliert 0:2 und muss sich mit der Europa League Gruppenphase trösten.

3. Mai 2015: Nach etwas mehr als 44 Monaten ist das Stadion Liebenau erstmals wieder ausverkauft. Auch an diesem Tag geht es im entferntesten Sinne um die Champions League. Diesmal heißt der Gegner SK Rapid Wien und das erklärte Ziel ist der zweite Tabellenrang der Bundesliga, der zur Teilnahme an der 3. Qualifikationsrunde für die UEFA Champions League berechtigt. Zwei Punkte trennen den SK Sturm von Platz zwei und mit dem SK Rapid hat es den direkten Ligakonkurrenten nach Graz verschlagen.

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Das ganze Stadion

Zwei Tage nach dem 106. Geburtstag unseres Herzensvereins soll die Mannschaft dem Verein und seinen Fans ein verspätetes Geburtstagsgeschenk bereiten – so zumindest die Erwartungshaltung. Eine beinahe euphorische Grundstimmung hatte sich in den letzten Wochen breitgemacht und ließ auch so manch verschollen geglaubten Sturmanhänger wieder zu den Vorverkaufsstellen eilen. Sechs Siege und ein Unentschieden in den letzten sieben Heimspielen konnten die Schwoazen auf ihrem Punktekonto verbuchen und nun stand also das Traditionsduell gegen Rapid an. Auch die medial propagierten Verletzungssorgen, zeitweilig war ein Komplettausfall der Defensivabteilung zu befürchten, taten dem Optimismus keinen Abbruch. Die Tage vor dem Spiel waren geprägt von diesem besonderen Kribbeln in der Magengegend und davon, der anstehenden Choreographie den Feinschliff zu verpassen. Am Spieltag erreichte die Anspannung dann ihren Höhenpunkt und so fanden sich die ersten Fans bereits zur Mittagszeit am Stadionvorplatz ein, um die Nerven mit der ein oder anderen Dose Gerstensaft zu beruhigen und letzte Vorbereitungen für die optische und akustische Unterstützung der Mannschaft zu treffen. Bei den Eingängen konnten die Besucher außerdem noch ein besonderes Schmankerl – nämlich die neueste Ausgabe der Schwarzmalerei – ergattern. In weiterer Folge füllten sich auch langsam die Ränge und so präsentierte sich das Stadion bereits beim Aufwärmen der Mannschaft gut gefüllt. Erste Schmähgesänge schallten den angereisten 1500 Rapidlern entgegen und motivierende Sprechchöre wurden den eigenen Spielern mit auf den Weg gegeben. Pünktlich zum Ankick erreichte die Stimmung ihren ersten Höhepunkt. Unter dem Motto „Das ganze Stadion“ präsentierte die Nordkurve als ersten Teil der Choreo ein schwarz-weißes Balkenmuster mittels hochgehaltenen Überziehleibchen begleitet von einem „Sturm Graz“ Transparent. Anschließend wurden die Überzieher angezogen und ein überdimensionales Abbild eines Fans hochgezogen, dessen weit ausgestreckte Arme das ganze Stadion zum Sturmklatscher animieren sollten. Auf der gegnerischen Seite boten die Rapidfans eine gewohnt solide Leistung unter dem Slogan „Grober Spaß“ und einem dazupassenden Smiley als Überzieher.

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No Piesi, no Party

Von der ersten Spielminute weg brodelte es im Hexenkessel Liebenau. Angeheizt durch die Brisanz des Duells versuchten beide Mannschaften, die Oberhand über den Spielverlauf zu gewinnen. Doch nur acht Minuten nach dem Ankick musste Christian Gratzei schon erstmals hinter sich greifen. Steffen Hofmann bediente Schobesberger mit einer weiten Vorlage und dieser netzte zum 1:0. Der Wiener Fananhang feierte den Führungstreffer mit etwas Pyrotechnik. Die frühe Führung der Grünen aus Hütteldorf tat jedoch weder der Stimmung noch dem Kampfeswillen der Schwoazen einen Abbruch. Sturm stellte schon kurz darauf seine neu gewonnene Qualität, Rückstände umgehend aufzuholen, erneut unter Beweis. Getreu dem Motto „No Piesi, no Party“ köpfelte Europas torgefährlichster Mittelfeldspieler Simon Piesinger, nach einem Freistoß von Thorsten Schick, seine Mannschaft zum Ausgleich. Beim Stand von 1:1 führten beide Teams ein kampfbetontes Spiel. Sturms kontrollierte Angriffe wechselten sich mit schnellen Kontern von Seiten Rapids ab, wobei sich aber der Großteil des Spielgeschehens auf das Mittelfeld verlagerte. 1:1 war dann aber auch der Pausenstand.

Gelb-Rotes Kartenspiel

Nach dem Wiederanpfiff traten die grünen Fans erneut durch Pyro in Erscheinung und hüllten den Auswärtssektor in dichte Rauchschwaden. Die Nordkurve meldete sich zur zweiten Halbzeit stimmgewaltig zurück. Nur neun Minuten später gelang Rapid erneut der Führungstreffer. Aus gut 35 Metern Entfernung zog Petsos ab, Gratzei sah dabei nicht wirklich gut aus und lenkte den Weitschuss an die Unterkante der Latte ab. In Minute 70 gelang der Foda-Elf aber dann der erneute Ausgleich: Der für Avdijaj eingewechselte Daniel Beichler netzte nach einer sehenswerten Kombination zum 2:2. In der Nordkurve wurde kurz danach ein Spruchband präsentiert „@ Politiker: Heute sonnt ihr euch im VIP-Klub, doch kaum geht’s um die Kohle für das Stadion, lauft ihr in alle Richtungen davon“, um erneut auf den maroden Zustand des Liebenauer Stadions hinzuweisen. Heiß her ging es in den letzten Spielminuten nicht nur auf den Rängen, sondern auch auf dem Spielfeld: Sowohl Roman Kienast in Minute 87, als auch Michael Madl in der Nachspielzeit kassierten eine gelb-rote Karte und sind somit für das wichtige Spiel gegen Austria Wien gesperrt. Mit einem 2:2 Endstand ging das Spiel dann auch zu Ende und die Entscheidung um Platz zwei wurde vertagt.

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Alles in allem kann man von einem recht gelungenen schwarz-weißen Fußballsonntag sprechen, der zwar nicht ganz die hohe Erwartungshaltung erfüllt hat, gemäß dem Spielverlauf muss man mit dem Ergebnis aber zufrieden sein. In den letzten fünf Runden sind nun erneut alle Sturmfans gefordert, die Mannschaft im Saisonfinish zum Sieg zu treiben. In diesem Sinne – alle nach Wien!!!

– Marie –

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