ONCE UPON A TIME: LAZIO AUSWÄRTS

Wie schon vorm Spiel gegen Feyenoord in Rotterdam möchten wir euch auch vorm nächsten Europacupspiel einen kleinen „Appetizer“ auf die bevorstehende Auswärtsreise geben. Diesmal mit einem Bericht direkt von unserem letzten Gastspiel bei Lazio Rom im Jahr 2002, erschienen in der Schwarzmalerei #4. Des Weiteren gibt es zum Schluss noch ein Sturmtifo Video von unserem letzten Auftritt im Mutterland der Ultras-Bewegung 2010 gegen Juventus in Turin.

Wir schreiben die Saison 2002/2003. Manch einer kann sich vielleicht noch erinnern: Die fetten Jahre sind vorbei, Champions League Millionen wurden verbraten, Osim stand in der Kritik und Kartnig saß (leider) noch immer fest im Sattel. Im September kam es dann gegen den FC Kärnten (ja, den gab’s auch mal…) zum absehbaren Eklat. Die Mannschaft verlor mit 1:3, die Fans belagerten den VIP-Club und Meistertrainer Osim erklärte vor laufenden Kameras seinen Rücktritt. Somit  war der Weg frei für eine Person, welche Sturm in den folgenden 10 Jahren mehr prägen würde als jede andere: Franco Foda.

Doch gehen wir kurz nochmal ein paar Spiele in die Vergangenheit. Die Blackies versuchten sich zum vierten Mal in Serie für die Champions League zu qualifizieren, scheiterten allerdings an den damals noch unbekannten Kickern von Maccabi Haifa. Als Trost blieb dennoch der UEFA-Cup, wo im ersten internationalen Spiel nach der Ära Osim der Livingstone FC klar und deutlich eliminiert wurde (5:2; 3:4 – beim Heimspiel gab es auch eine „DANKE IVAN“ Choreographie zu Ehren des großen Bosniers). In der darauffolgenden Runde erledigte man Levski Sofia im Elfmeterschießen, und so stand einem Aufeinandertreffen mit Lazio nichts mehr im Wege.

Dem ernüchternden 1:3 im Heimspiel folgte am 12.12.2002 das Auswärtsspiel in Rom. Damals gab’s noch keine ‚Tessera‘ und Lazio war eine der Ultra-Großmächte in Italien. Die ‚Irriducibili‘ – die Unbeugsamen – zählten zu den größten und mächtigsten Gruppierungen am ganzen Stiefel. Berüchtigt waren und sind sie noch immer vor allem ob ihrer rechts-extremen Orientierung. Bereits bei der Abfahrt in Graz war dementsprechend eine gewisse Anspannung unter den Auswärtsfahrern zu vernehmen. Einerseits war es die Vorfreude auf eine unvergessliche Europacup-Partie, andrerseits machte man sich ebenso Gedanken über mögliche Probleme mit den ‚Laziali‘. Egal, am Vorabend machten wir uns mit einer für damalige Verhältnisse beachtlichen Anzahl an Bussen auf den Weg in die ewige Stadt. Man verzeihe den Verfassern die genaue Anzahl nach zehn Jahren vergessen zu haben. Gewiss ist jedoch, dass eines damals noch ganz anders war: Es gab Raucherbusse! Und das, nun ja, ‚Gebot‘ rauchen zu dürfen, wurde fleißig in die Tat umgesetzt. So kam es, dass es im verrauchten Doppeldeckerbus, auch Dank einer menschlichen ‚Wuzelmaschine‘ und mächtigem Vorrat an Alkohol, eine kurzweilige Nacht wurde, und die meisten Mitreisenden ihren Spaß hatten.

Am Vormittag des darauffolgenden Tages erreichten wir schließlich Rom. Verkatert stieg man aus den Bussen und setzte sich schnurstracks in Bewegung Richtung ‚Spanische Treppe‘. Das berühmte Denkmal wurde dann sogleich Schauplatz einiger gezündeter Bengalen. Heute beinah undenkbar, kam es dabei zu keinerlei Problemen mit Polizei oder Security. Überhaupt galt dies für die gesamte Auswärtsfahrt. Alles verlief viel unaufgeregter als es heutzutage der Fall wäre.

Anschließend zerstreute sich der Mob und in Kleingruppen machte man sich auf den Weg die Stadt zu erobern. Bei strömendem Regen durchforsteten wir zuerst einige Fanartikel-Shops des AS Roma und kehrten anschließend irgendwo im Zentrum ein, um ein kühles Bier zu genießen. Dabei bezahlte man 6,60 € für einen kleinen Radler (und das vor 10 Jahren)… Nach einem kurzen Besuch beim Kolosseum ging es dann auch schon zum gemeinsamen Treffpunkt, und dann ab ins Stadion.

Und zwar in das Olympiastadion: 72.698 Plätze fasst die Heimstätte von Lazio, anwesend waren damals gerade mal 4000, davon schätzungsweise 500 Schwoaze. Ja, leer war’s – aber uns war das egal. Die Stimmung war gut, Bengalen wurden zu Hauf gezündet, und der Polizei war das vollkommen wurscht. Die Carabinieri drehten sich kurz um, nahmen die Szenerie mit einem Achselzucken zur Kenntnis, zogen sich ihre eigens dafür vorgesehenen Halstücher über die Nase und widmeten sich anschließend wieder voll und ganz dem Spiel. Von der Gegenseite, den Irriducibili, nahm man wenig bis gar nichts wahr.

Das Spiel selbst hatte einige interessante Komponenten zu bieten. Die von Franco Foda trainierte Mannschaft sah einer eigentlich aussichtslosen Partie entgegen. Um aufzusteigen, musste man mindestens 4:2 gewinnen. Erschwerend kam noch hinzu, dass Lazio zu Hause seit 18 Spielen ungeschlagen war, und sich die Sturm-Mannschaft im Umbruch befand. Neben damals alten Bekannten wie Neukirchner, Amoah, Strafner, Heldt oder Wetl, gab Franco im Laufe der Saison auch vermehrt jungen Spielern eine Chance. Einige davon sind heute nur allzu bekannt. Und genau einer feierte sogar bei eben diesem Spiel sein Debut in der Kampfmannschaft: Jürgen Säumel!

Das Spiel an sich war nicht gar so schlecht. Sturm konnte mit den favorisierten Römern gut mithalten, und dann in der 87. Minute gelang sogar die Sensation. Imre Szabics traf zum Endstand von 1:0 für Sturm. Zum Aufstieg reichte dies zwar nicht, doch immerhin konnte die beeindruckende Serie Lazios gebrochen werden. Zudem war es der erste Sieg einer österreichischen Klubmannschaft in Italien. Außerdem lieferte Säumel einen gelungenen Einstand, und konnte sich für die Zukunft empfehlen.

Natürlich freuten wir uns über den Sieg, die Stimmung im Auswärtssektor war dementsprechend hervorragend und braucht auch Vergleiche mit heutigen internationalen Auswärtsspielen keineswegs zu scheuen. Überdies kam es während der gesamten Reise zu keinen nennenswerten negativen Zwischenfällen, weder mit den gegnerischen Fans, noch mit der Polizei. Letzten Endes war Rom auf jeden Fall die Reise wert.

Für drei Jahre blieb dies Sturms letzter internationaler Auftritt. Klammert man den UI-Cup aus (2005 FC Rangers aus Andorra, VFL Wolfsburg), musste man sogar sechs Jahre warten um zumindest wieder einmal die Europacup-Qualifikation zu erreichen: 2008, zuerst UI-Cup über Soligorsk, Honved und dann später ein Scheitern in der Quali am FC Zürich im Elfmeterschießen. Hätte man Zürich besiegt wäre es wieder nach Italien gegangen. Diesmal zum AC Milan.

Schlussendlich ging es dann 2010 das letzte Mal nach Italien. Die Highlights aus Sicht der Fanszene gibt es hier nochmals zusammengefasst von Sturmtifo: