Wiener Fratzen

SK Rapid Wien – SK Sturm Graz 2:1
Samstag, 31.10.2015, 18:30 Uhr
Ernst-Happel-Stadion, 14.700 Zuschauer (ca. 1200 Sturmfans)
Bundesliga 2014/15, 14. Runde

Die Vorfreude war groß. Sehr groß sogar. Das Duell gegen Rapid stand am Programm und anders als bei den vorigen Partien im Prater-Oval, freute man sich auf eine gemeinsame Zugfahrt in die
Hauptstadt unserer Republik. Traumhaftes Wetter, die letzten Ergebnisse und eine kleine Krise beim Gegner ließen auf einen fantastischen Fußball-Nachmittag hoffen. Daher trudelten am frühen Vormittag scharenweise Reiselustige am Grazer Hauptbahnhof ein.

Chaotische Anreise
Bereits bei der Ankunft überkam einen ein komisches Gefühl. Warum soviel Polizeipräsenz am Bahnhof? Bei anderen Zugfahrten war die Exekutive mit deutlich weniger Mann vertreten. Der guten Stimmung schadete das aber zunächst nicht und so wurden die ersten Gerstensäfte geleert. Um ein halbwegs geordnetes Reisen zu ermöglichen wurden einige Gruppen-Tickets erworben. Als alle mit Karten, Proviant und sonstigen Notwendigkeiten, die man für eine erfolgreiche Auswärtsfahrt benötigt, ausgestattet waren, bewegten wir uns auf den Bahnsteig, wo bereits der Railjet nach Wien stand. Augenscheinlich hatten die österreichischen Bundesbahnen und die Polizei wenig Interesse daran, dass wir alle gemeinsam nach Wien kommen. Aus unerklärlichen Gründen war es nicht möglich, ausreichend Waggons für diesen Zug zur Verfügung zu stellen. Wir wurden wieder einmal vor eine Wahl, die eigentlich gar keine war, gestellt. Die Leute auf 2 Züge aufteilen oder nicht fahren? Man entschied sich für Ersteres und gemeinsam mit unseren Freunden und Helfern durfte eine gewisse Anzahl an Personen den Zug betreten. Der Rest sollte mit dem nächsten Zug nachkommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sah man einige fragwürdige, hilflos wirkende „Aktionen“ der Gendarmerie. So wurden Einige in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und man hatte den Eindruck, dass die Polizei das erste Mal in ihrer Dienstzeit auf Menschen, die mit dem Zug auswärts zu einem Fußballspiel fahren, getroffen war. Dass die Zustände in Graz noch vergleichsweise freundlich und harmlos waren, musste man, zum Teil schmerzhaft, später in Wien feststellen. Dazu später mehr. Endlich im Zug angelangt, wurde emsig telefoniert, um festzustellen, wer alles zurückbleiben musste. Der Ärger über eine verhinderte, gemeinsame Fahrt legte sich und die Vorfreude auf den Prater stieg. Alle, bis auf wenige Ausnahmen, machten das Beste aus den Umständen und so wurde es doch noch eine lustige Fahrt. Endlich in Wien angekommen wurde auf den nachfolgenden Zug gewartet. Die Zeit verging rasch und begleitet von unseren „Freunden“ der WEGA, marschierten wir los. Nach einer Fahrt mit der U-Bahn zogen wir lautstark durch die Praterallee, um der ganzen Stadt mitzuteilen, dass der SK Sturm wieder zu Gast war. Zum Gesang gesellten sich einige bengalische Lichter und Rauch und im Nu stand man vor dem Stadion. Da wir auf Grund der Verzögerungen bei der Anreise erst knapp vor Spielbeginn eintrafen, wartete schon die nächste Überraschung auf den leidgeprüften Fan. Ein schmaler Gang, flankiert mit Absperrgittern, sollte weit über 1000 Sturm Fans durch nur einen Eingang mit anschließender Sicherheitskontrolle ins Treppenhaus des Stadions führen. Natürlich wollte jeder schnell ins Innere und so kam es klarerweise zu einem Gedränge, bei dem die Vordersten gegen die Gitter gedrückt wurden, was zum Glück nicht zu schlimmeren Verletzungen führte.

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Wiener Blut und harmlose Blackies
Endlich, nach einem anstrengenden Aufstieg im obersten Rang angelangt, blickte man zur Heimkurve. Dort wurde gerade eine Blockfahne übergezogen, auf der die Statue eines Geigers und die Wappen von Wien zu sehen waren. Darunter konnte man eine Zaunfahne erblicken, auf der eine Textpassage der Oper „Wiener Blut“ stand. Ganz nett anzusehen, aber die Grünen waren auch schon mal kreativer. Zu oft hatte man schon eine Aktion mit dem Wiener Wappen gesehen, Eindruck hat dies jedenfalls keinen hinterlassen und als sich unser Sektor gefüllt hatte, nutzte man den akustischen Vorteil hoch oben unter dem Dach und legte gleich mal ordentlich los. Egal ob gerade gewisse Umstände im Verein kritisiert werden oder nicht, bei Spielen gegen diesen Gegner, noch dazu auswärts, herrscht immer eine besondere Stimmung und so wurde auch dieses Mal sehr lautstark und motiviert gesungen. Selbst als Steffen Hofmann in der Anfangsphase, eingeleitet durch einen haarsträubenden Fehler von Simon Piesinger, sein bereits 12. Tor gegen den SK Sturm feierte, tat das der Stimmung keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil – man probierte sogar noch intensiver, die Mannschaft anzutreiben. Leider übertrug sich das nicht auf das Team. Der Gegenseite wurde passend zum heutigen Halloween mittels Spruchband vermittelt, dass sie auch ohne Masken „UR-schiach“ sind. Dann ging es, ohne nennenswerte Chance unsererseits, in die Kabine. Rapid war am Rasen klar überlegen, unsere Mannschaft zeigte einen, seit einiger Zeit wieder typischen, Angsthasenfußball.

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Kein Feuer am Platz – dafür auf den Rängen
Das dachte man sich zumindest zu Beginn der 2. Halbzeit. Massiver Einsatz von Pyrotechnik unterstrich die erneute Forderung nach professionellen Strukturen, Karriereplattform und attraktivem Fussball. Sturm kam gut aus der Halbzeitpause und als Roman Kienast in der 49. Spielminute nach Stanglpass von Thorsten Schick zum 1:1 traf, gab es kein Halten mehr im Auswärtssektor. Der Block bebte und man gab sein Bestes, um die Blackies nach vorne zu peitschen. Mit dem Spiel nach vorne war es leider ziemlich schnell wieder vorbei. Rapid erspielte sich Chance um Chance und so kam es, wie es auf Grund der passiven Spielweise kommen musste: nach einer Ecke von Florian Kainz war es ausgerechnet Mario Sonnleitner, der zu Beginn der Rapid-Viertelstunde am höchsten stieg und zur 2:1 Führung einköpfelte. Unserem Team gelang in der Folge nicht mehr viel und so blieb es bei der Niederlage. Nach Abpfiff verabschiedete sich die Mannschaft von den mitgereisten Anhängern. Der Prater scheint für uns weiter kein guter Boden zu sein, schließlich konnten wir seit einer gefühlten Ewigkeit keinen vollen Erfolg mehr im Happel feiern. Schön langsam muss man sich damit abfinden, dass wir momentan nur Mittelmaß sind.

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Freund und Helfer?
So schlecht das Ergebnis und die Leistung auch waren, so anstrengend und chaotisch die Anreise auch war – richtig unschön wurde es erst nach Spielende. Verantwortlich dafür zeigten sich wieder einmal die übermotivierten und überforderten Wiener Polizisten. Pöbeleien und kleinere Handgreiflichkeiten seitens der Exekutive war man als regelmäßiger Auswärtsfahrer ja gewöhnt, aber was sich in dieser Halloweennacht abspielte, erlebt man eher selten. Beim Verlassen des Oberrangs über die Treppe sahen sich die Hooligans in Uniform dazu genötigt, massiv Pfefferspray und Schlagstock gegen alles und jeden, der die Stufen runterkam, einzusetzen. Wahllos wurde auf Frauen, Kinder und sogar einen szenekundigen Beamten, der die Nacht in einem Wiener Spital verbringen musste, eingeprügelt und gesprüht was das Zeug hielt. An dieser Stelle gilt der Dank den zahlreichen Helfern, die sofort zur Stelle waren! Das waren natürlich keine guten Voraussetzungen für den Weg zurück und so kam es auch am Heimweg zu kleineren Zwischenfällen. Kurios auch, dass die Wiener Kappelständer ihre eigene Stadt nicht kennen. Wie ist es sonst zu erklären, dass wir ein paar hundert Meter an der U-Bahn Station vorbeimarschierten um dann wieder zurückzugehen? Froh, halbwegs heil im Zug angekommen zu sein, gab es reichlich Diskussionsstoff am Heimweg und auch mit den mitgereisten Karlsruhern wurde angestoßen. Was hängen bleibt ist wieder einmal das fragwürdige Auftreten der Wiener
Pfefferminz-Prinzen…

Verlängerung der Heimserie?
Nach der bereits vierten Auswärtsniederlage in dieser Saison gilt die Konzentration dem kommenden Gegner. Der Lieblingsgegner Ried ist zu Gast in Liebenau und der kommt genau recht. Ein 4. Heimsieg in Folge wäre Balsam für die Seele und der Abstand zur oberen Tabellenregion würde nicht zu groß werden.

-AndiEffpunkt-

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