Sturm über Graz

Dr. Cornelius Gragger, Richter und 1923/24 Obmann des Vereins, nennt anlässlich des 15 Jahr Jubiläums des SK Sturm, den 1. Mai 1909 als jenen Tag, an dem sich dieses Ereignis zugetragen haben soll. Auch Dr.Karl Aßmann nennt im Jahr 1934 den 1. Mai, allerdings im Jahr 1907. Da er jedoch die offizielle Vereinsgründung, die nachweislich erst 1911/12 stattgefunden hat, im selben Artikel mit 1909 angibt, darf man annehmen, dass er sich bei den Jahren vertan hat. Entsprechend gefeiert wurde die Gründung danach im Sommer 1909 im Gasthaus Schafzahl in der Pestalozzistraße.

Wie es zur Wahl des Namens „Sturm“ kam lässt sich heute leider nicht mehr rekonstruieren. Die Geschichte vom Sturm, der an jenem Tag gewütet hat, ist durchaus romantisch, wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Jugendlichen vom wenige Tage zuvor in Graz spielenden „Deutschen Ballspiel Club ‚Sturm‘ Prag“ inspiriert worden sind. Auch die Gründe, die zur Farbwahl schwarz/weiß geführt haben, lassen sich heute nicht mehr nachvollziehen. Da Sturm Prag in blau/schwarz spielte, können sie nicht als Vorbild gedient haben. Jedoch war schwarz/weiß damals eine gängige Farbkombination in deutschsprachigen Sportlerkreisen. Während der Napoleonischen Kriege 1807 – 1815 trugen die Turnvereine diese Farben, die auf den Farben des „Deutschen Ordens“, ein Ritterorden aus der Zeit der Kreuzzüge, beruhen. Viele Fußballvereine, inklusive der Nationalmannschaften von Deutschland und Österreich übernahmen diese später. In Graz spielten neben Sturm auch der Akademische Sportverein, die der SK Gabelsberg oder die Eisenbahner von Südbahn in dieser Farbkombination.
Auch die Fahne, das Wappen des SK Sturm dürfte auf der Banalität beruhen, dass damals fast jeder Sportverein eine Fahne in den Klubfarben, mit den Initialen des Vereins drauf, als Erkennungsmerkmal nutzte.

Die neue Sturm-Mannschaft machte sich schnell einen Namen, dominierte den Augarten und besiegte alle anderen Teams, die, laut Aßmann, damals „wie Pilze in die Höhe schossen und wieder verschwanden“. Bestärkt durch die Erfolge traute man sich auch die Reserven der drei großen Vereine zu fordern, und konnte beachtliche Ergebnisse erzielen. Weitere Verstärkung und ein Meilenstein in der Entwicklung passierte noch im Jahr 1909. Durch den Beitritt der Tischrunde „Hermannsbund“ zu Sturm kam auch die große Familie Schönbacher in den Verein. Deren beschattetes Heim neben dem Augarten wurde schon bald zum Heim der jungen Sturm Mannschaft und war eines der Fundamente, auf denen der zukünftige Erfolg gebaut wurde. Die Sturm-Familie wuchs gleichsam um Vater und Mutter Schönbacher. Mit Arthur Longin und Professor Haar fanden sich „Mentoren“, die die jungen Leute führten.

Bereits wenige Wochen später, am 14.11.1909 wird diese neue Fußballmannschaft auch schon in den Zeitungen erwähnt. Am selben Tag spielt eine Mannschaft, kombiniert aus Spieler der zweiten und dritten Mannschaft der GSV gegen die „Fußballmannschaft Sturm“. Und Sturm gelingt ein Einstand nach Maß und erkämpft sich im ersten Spiel unter öffentlicher Beobachtung ein 3:3 Unentschieden. Bereits zwei Wochen später trifft die „tüchtigste unter den hiesigen ‚wilden‘ Mannschaften“ (Grazer Tagblatt, 28.11.1909) auf die zweite Mannschaft der GSV, welche jedoch mit 5 Spielern der ersten Mannschaft verstärkt wurde. Sturm verliert 10:2. Torschützen für Sturm waren Schönbacher und Kämmerer. Die erfolgreichsten Torschützen der GSV waren die Brüder Stiegler, die später selbst das Schwarz-Weiße Dress überziehen sollten und den Verein durch eine der schwersten Zeiten führen werden.

Im folgenden Jahr bestreitet Sturm bereits 15 Wettspiele und festigt mit klaren Siegen gegen die Mannschaften Blaue Elf, Germania und Rapid den dritten Platz in der Stadt hinter dem GAK und der GSV. Die Grazer Medien loben den schönen Stil der Mannschaft, welcher sich durch schöne Technik und weniger durch Kampf auszeichnet. Dennoch reicht es nicht für die großen Zwei, was sich in hohen Niederlagen gegen die ersten Mannschaften des GAK und der GSV wiederspiegelt. Ende des Jahres 1910 bekommt Sturm erneut Verstärkung.  Die Mannschaft „Vorwärts“, lange die Nummer drei der Stadt, löst sich auf, und viele Spieler treten darauf hin Sturm bei.

Zur selben Zeit kommt es zu einer weiteren, einschneidenden Entwicklung im Grazer Fußball. Der GSVler und spätere Sturm-Vereinsgründer, der Philosophiestudent und Journalist Arnold Schmidt wirbt für die Gründung eines „Deutsch-Alpenländischen Fußballverbandes“ (DAFV). Da sich der Österreichische Verband (ÖFB) hauptsächlich um die Wiener Vereine kümmert, fordern die Vereine aus den deutschsprachigen Alpenländern die Gründung eines eigenen Verbandes. Am 2. Juli 1911 wird diese, mit Billigung des ÖFB, auch tatsächlich vorgenommen. Der neue Verband umfasst die Vereine GSV, Marburg, Cilli, Judenburg, Knittelfeld, Lustenau, Linz und den GAK und wird ein Teilverband des ÖFB. Jedoch bringt diese Gründung ein Problem für die freien Mannschaften, darunter auch Sturm. Der ÖFB erlaubt seinen Mitgliedsvereinen nur Spiele gegen Teams auszutragen, die entweder im ÖFB als offizieller Verein angemeldet sind, oder Teil eines anderen, vom ÖFB anerkannten, Verbandes sind. Die freien Mannschaften müssen nun entweder als offizieller Verein dem DAFV beitreten, oder darauf verzichten, gegen die führenden Mannschaften anzutreten.

Doch bevor es dazu kommt verzaubert Sturm im Frühjahr 1911 durch sein flottes Spiel die Grazer Fußballanhänger. Die zweite Mannschaft des GAK wird mit 6:2 und 3:1 bezwungen, die Germania mit einem 6:0 Erfolg auf Distanz gehalten. Immer lauter werden die Rufe in den Medien, dass Sturm sich endlich mit einer Mannschaft außerhalb von Graz messen soll und so lädt man am 21. Juni die Agramer „Konkordia“ nach Graz ein. Das Spiel findet auf dem Platz des GAK statt, welcher die Anlage gratis zur Verfügung stellt, und kann von Sturm mit 2:1 gewonnen werden. Sturm hat zum ersten Mal auch außerhalb von Graz Spuren hinterlassen. In den folgenden Monaten folgen weitere Spiele gegen Knittelfeld, Bruck, Marburg und Szombathely. Sturm gewinnt dort mit 1:2 und ist damit sogar die erste Grazer Mannschaft, der es gelingt eine ungarische Provinzmannschaft auswärts zu bezwingen. Aber auch innerhalb von Graz ist man weiterhin erfolgreich. Die Jugendmannschaft von Sturm gewinnt einen vom GAK gestifteten Mittelschülerpokal ganz klar. Am 15. Oktober besiegt Sturm zum ersten Mal den GAK, der jedoch mit drei Ersatzleuten antreten muss, mit 5:2. Und im letzten Spiel, am 26. November gelingt auch noch die große Sensation. Sturm besiegt die erste Mannschaft der GSV mit 3:1 und meldet nur zwei Jahre nach der Gründung erstmals Anspruch auf den zweiten Platz in der Stadt an. Dieser Erfolg soll auch den Ausschlag gegeben haben, dass sich Sturm als offizieller Verein konstituiert. Am 23. Dezember kündigt die Grazer Tagespost die erste Weihnachtsfeier von Sturm im „Vereinskreise“ an.

Doch ist das Jahr 1911 nicht nur das Jahr der ersten großen Erfolge in der Geschichte, sondern auch das Jahr der ersten Tragödie. Am 14. Juli 1911 wird der hochgelobte Tormann Josef Wassola (26) im Augarten von einem Blitz getroffen und stirbt, als er bei einem Gewitter unter einem Baum Schutz sucht. Bei demselben Unfall wurden vier weitere Personen schwer verletzt, zwei kamen mit dem Schrecken davon. Sturm erholt sich nur schwer von dem Verlust und hat in den folgenden Monaten große Probleme gleichwertigen Ersatz auf dieser Position zu finden.

Das Jahr 1912 beginnt mit zwei Niederlagen gegen den GAK und die GSV, jedoch dominiert die bevorstehende Vereinsgründung das Geschehen rund um Sturm. Der Philosoph Arnold Schmidt, der von der GSV zu Sturm gekommen ist, richtet am 1. März 1912 an die Steiermärkische Statthalterei das Gesuch der „Grazer Fußballmannschaft Sturm“ um Genehmigung der Satzungen und Bewilligung zur Konstituierung eines Vereines unter dem Namen „Grazer Fußballklub Sturm“. Arnold Schmidt schreibt – angelehnt an die GSV – die Vereinsstatuten. Am 31. März ist es dann soweit und Sturm hält um 10:00 Uhr im Hotel „Goldene Birn“ (heute das Parkhotel) seine gründende Versammlung ab. Damit ist Sturm nach den Amateuren, Rapid, der GSV und dem GAK der fünfte offizielle Grazer Verein im DAFV. Den ersten offiziellen Vorstand bilden:

Ing. Arthur Longin (Obmann), Rudolf Jäger (Obmann Stv.), Arnold  Schmidt (1. Schriftf.), Karl Aßmann (2. Schriftf.), Anton Haar (Kassier), Weißer (? Weiß)(Kassier Stv.), Franz Schönbacher (1. Spielleiter), Sepp Kaplenig (2. Spielleiter), Hans Schönbacher (Beisitzer), W. Leopold Schönbacher (Zeugwart); Rechnungsprüfer: Karl Schönbacher,  Hans Sanethy

An den Osterfeiertagen, Anfang April, spielt Sturm in Klagenfurt die ersten beiden Spiele als offizieller Verein und erkämpft am Sportplatz „Herbertgarten“ zwei Unentschieden gegen den dortigen „1. Fußball- und Athletikclub Klagenfurt“. Mitte Mai fertigt Sturm die GSV 9:0 ab und nimmt damit bereits den zweiten Platz unter den Grazer Mannschaften ein. Nach einem weiteren Sieg über die GSV im Herbst (2:1) wird dieser Umstand auch in den Medien akzeptiert und das letzte Spiel der Saison gegen den GAK wird somit zum Duell der beiden führenden Mannschaften in Graz. Erstmals wird auch die gesamte Aufstellung von Sturm in den Zeitungen publiziert:

Schwarzbier (Tor); Schönbacher II, Fritz (Verteidigung); Pasch, Weigl, Hirschmann (Deckung), Schönbacher I (Franz), Weiß, Longin, Aßmann, Kämmerer (Angriff);

Das Spiel geht mit 3:0 verloren, jedoch sticht besonders der neue Tormann von Sturm, Schwarzbier, heraus. Durch seine Verpflichtung ist es Sturm gelungen die Lücke, die der Tod von Franz Wassola hinterlassen hat, endlich zu schließen. Mit der ersten offiziellen Weihnachtsfeier als Verein, am 21. Dezember im Gasthaus „Zum goldenen Stern“ endet dieses bedeutende Jahr für Sturm.

Im Jahr 1913 verlässt Sturm den Augarten und zieht auf den ersten eigenen Sturmplatz, der auch in den Medien bereits so benannt wird. Zusammen mit der GSV pachtet Sturm den Platz bei der Trabrennbahn, den zuvor die GSV allein pachtete, und hält folglich seine Spiele und Trainings dort ab. Lediglich die Jugendmannschaft wird von da an weiter Spiele im Augarten austragen.

Im Februar schreibt der Deutsch-Alpenländische Fußballverband zum ersten Mal eine Meisterschaft für die Vereine der 2. Klasse aus. Diese Meisterschaft wird als Jahrmeisterschaft ausgetragen und der Sieger erhält den Titel „Meister“. Neben Sturm nennen noch Rapid, die GSV, der Amateur SK und der Deutsche SK für den Bewerb (der GAK ist zu der Zeit der einzige vom ÖFB anerkannte erstklassige Verein und nimmt daher nicht teil). Sturm dominiert wie erwartet, einzig Rapid, welche im Winter 1912 bedeutende Verstärkung durch die Stiegler Brüder und weitere Spieler der GSV erfahren hat, kann mithalten. Und so kommt es am 21. September zu einem Entscheidungsspiel. Dieses Spiel ist zugleich das Eröffnungsspiel des neuen Rapidplatzes am Bahnhofsgürtel. Dem Anlass entsprechend tritt die Sturm-Mannschaft die Reise von Jakomini aus gemeinsam mit Autos an, was für enormes Aufsehen sorgte, da Autos damals noch eine Seltenheit waren. Sturm tritt in folgender Aufstellung an:

Schwarzbier (Tor); Schönbacher II, Longin (Verteidigung); Aßmann, Weigl, Fasching (Deckung), Schönbacher I (Franz), Winter, Weiß (Kapitän), Neuherz, Kämmerer (Angriff); Falland (Ersatz)

Durch Tore von Neuherz und Winter siegt Sturm mit 3:1 und kann sich so vorzeitig den Titel sichern, daran ändert auch ein Unentschieden gegen die GSV im letzten Spiel, der einzige Punkteverlust in der Meisterschaft, nichts.

Doch auch auf anderen Ebenen ist dieses Jahr für Sturm sehr erfolgreich. Die Jugendmannschaft gewinnt zum zweiten Mal den Mittelschüler Pokal des GAK, Sturm nimmt zum ersten Mal am Herbstmessepokal teil und belegt hinter dem GAK, Wiener Neustadt und Klagenfurt den vierten Platz. Und im Sommer stellt Sturm zum ersten Mal Spieler für ein Länderspiel ab. Schwarzbier und Fritz werden in den Kader des steirischen Teams einberufen, das am 15. Juni ein Team aus Oberösterreich in Graz mit 10:0 besiegt.

Doch auch dieses erfolgreiche Jahr hat seine Schattenseiten. Im August verlassen erstmals Spieler – die Gebrüder Pasch (Pasch Edi war ein Gründer von Sturm) und Friedrich – den Verein in Richtung GAK. Und am 14. September kommt es bei einem Freundschaftsspiel gegen die Amateure zu den ersten dokumentierten Ausschreitungen bei einem Sturmspiel. Ausgelöst durch Provokationen eines Sturmspielers, kommt es zu Handgreiflichkeiten mit dem Publikum die dazu führen, dass das Spiel in der 70. Minute abgebrochen werden muss.

Da in dieser Zeit die Fußballmannschaften aus der sogenannten deutschsprachigen Provinz generell an Stärke gewinnen werden Stimmen laut, die die Einführung einer Gesamtösterreichischen Meisterschaft fordern. Bis dahin spielen die Wiener Vereine den österreichischen Meister nur unter sich aus. Im Winter 1913 beugt sich der ÖFB dem Druck und plant die Einführung einer solchen ab Herbst 1915. An dieser soll auch der Meister des DAFV teilnehmen dürfen. Daraufhin beschließt der Verband das Meisterschaftssystem der 2. Klasse von einer Jahresmeisterschaft auf das Herbst/Frühjahrsystem umzustellen. Der Meister der 2. Klasse soll danach in einem Entscheidungsspiel mit dem GAK um die Teilnahme an der Österreichischen Meisterschaft spielen. Daher gibt es im Frühjahr 1914 auch keine Meisterschaftsspiele. Diese sollen erst im Herbst starten.

Im März 1914 bekommt Sturm Verstärkung. Torhüter Lex und Heini Stiegler wechseln von Rapid zu Sturm und sorgen dafür, dass der Kader weiter an Qualität gewinnt. In Freundschaftsspielen mit anderen zweitklassigen Vereinen festigt Sturm seine Rolle als Nummer zwei, gegen den GAK setzt es jedoch erneut eine hohe Niederlage (5:1). Im April gastieren die Sturm Reserven in Weiz und sind der erste Gegner des dortigen neuen Fußballvereins und im Juni fährt Sturm nach Split und spielt zwei Spiele gegen den dortigen Verein „Hajduk“. Danach wird die vielversprechende Entwicklung der jungen Mannschaft jedoch abrupt unterbrochen.

Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Praktisch unbemerkt von der Öffentlichkeit haben sich die europäischen Großmächte in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts in eine politisch ausweglose Situation manövriert. England und Frankreich beobachten mit Argwohn den wirtschaftlichen Aufschwung des deutschen Kaiserreichs. Österreich-Ungarn und Russland kommen sich am Balkan in die Quere. Dazu kommen komplexe Bündnissysteme und Ressentiments in den jeweiligen Bevölkerungen, die die Stimmung immer weiter vergiften. In dieser Situation reicht ein kleiner Vorfall, und das Pulverfass Europa explodiert. Und dieser Vorfall passiert am 28. Juni 1914 in Sarajevo. Serbische Nationalisten ermorden den österreichischen Thronfolger und dies führt in weiterer Folge zum Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Für den noch jungen Verein Sturm bedeutet dieser Krieg, dass der Spielbetrieb praktisch eingestellt werden muss. Aber auch den anderen Vereinen ergeht es nicht besser. Zu Beginn des Krieges müssen alle bereits geplanten Spiele abgesagt werden, da etliche Spieler zum Militär eingezogen werden. Lediglich der GAK die GSV, sowie die Jungendmannschaften Norika und Nordstern schaffen es noch vereinzelt Spiele abzuhalten. Sturm kann das Training erst im Frühjahr 1915 wieder aufnehmen und hält in diesem Jahr zwei Spiele gegen die GSV und den GAK ab. Die GSV wird besiegt, gegen den GAK setzt es eine klare 4:0 Niederlage. Generell kämpfen jedoch alle Vereine mit demselben Problem, dass ein Großteil der Spieler an die Front muss und viele Junge Spieler die Plätze auffüllen müssen. Die Sportberichterstattung aus dieser Zeit setzt sich Großteiles aus Berichten sogenannter „Heldentode“ der Sportsmänner oder Grußschreiben von Kriegsgefangenen zusammen.
Für Sturm erweist sich die Verpflichtung von Heinrich Stiegler nun als besonders wertvoll. Er muss nicht an die Front und ist die treibende Kraft, dass Sturm den Spielbetrieb im Krieg aufrechterhalten kann. Es gelingt ihm weitere Spieler von Rapid (unter anderem Ferdinand Stiegler) und später auch der GSV (die Ropas Brüder) zu Sturm zu bringen und füllt den Kader mit jungen Talenten wie Dellinger auf.

Doch im Sommer 1915 erklärt auch Italien Österreich-Ungarn den Krieg. Erneut werden junge Männer eingezogen und der Spielbetrieb im Grazer Fußball kommt diesmal vollkommen zum Erliegen. Im Herbst 1915 kann kein einziger Verein eine Mannschaft auf den Platz stellen.

Im März 1916 veröffentlicht Sturm im Illustrierten Sportblatt einen Bericht über die aktuelle Situation des Vereins. Neben einigen Ehrungen muss Sturm auch schon die ersten vier Toten beklagen. Kämmerer, Kupferschmied und zwei Sartory-Brüder sind gefallen. Am Ende des Krieges werden es 17 Tote sein, darunter Stützen wie Fasching und Gabriel „Gaby“ Schönbacher. In den folgenden Monaten schafft Sturm es nicht, eine eigene Mannschaft zu stellen. Jedoch sind Sturmspieler die Stützen diverser Auswahlmannschaften, die gegen den GAK bzw. eine Wiener Mannschaft antreten. Erst am 23. Juli 1916 stellt Sturm erstmals nach über einem Jahr wieder eine Mannschaft ins Feld. Der Gegner heißt GAK, und es kommt zu einer großen Überraschung. Sturm dominiert das Spiel und führt nach 65 Minuten bereits mit 6:0. Jedoch verlässt der Schiedsrichter daraufhin das Feld, da er mehrmals von Sturmspielern angerempelt wurde, das Spiel wird abgerochen und nicht zu Ende gespielt. Ein Monat später tritt Sturm im Klagenfurt an und besiegt den 1. FuAC Klagenfurt in einem Benefitzspiel mit 6:1. Es folgen noch zwei weitere Spiele gegen den GAK. Das erste wird mit 4:3 verloren, doch das zweite Spiel am 22. Oktober gewinnt Sturm mit 6:3. Zum ersten Mal konnte die erste Mannschaft des GAK nach 90 Minuten besiegt werden. Als Schiedsrichter fungierte an diesem Tag ein gewisser Herr Oplatka, seines Zeichens ein Spieler das DBC Sturm Prag.

Im Jahr 1917 bricht der Spielbetrieb erneut komplett zusammen. Weder Sturm noch der GAK schaffen es noch eine eigene Mannschaft zu stellen. Der GAK öffnet sein Training sogar für Spieler aller Vereine, um genügend Spieler zu finden. Das Resultat der Situation ist, dass Sturm und GAK eine Spielgemeinschaft bilden und gegen Wiener Vereine oder Schülermannschaften antreten. In den Medien findet sich kein einziges Spiel eines Vereins, dennoch agieren die beiden Klubs unabhängig voneinander und veröffentlichen Mitteilungen über Aufstellungen und Trainings in den Medien.

Im letzten Kriegsjahr 1918 ist Sturm dann die einzige Mannschaft in Graz, die den Spielbetrieb noch aufrechterhalten kann. Der Hauptgrund dafür ist, dass sich Sturm im Gegensatz zum GAK nicht weigert, auch sehr junge Spieler aufzustellen. Im Mai und Juni kann Sturm vier Spiele in Klagenfurt bzw. Graz gegen den 1. FuAC Klagenfurt organisieren, wobei bis auf ein Unentschieden alle Spiele verloren werden. Im Oktober gibt es noch ein Spiel einer Grazer Auswahlmannschaft, mit Sturmbeteiligung, in Klagenfurt, danach überschlagen sich die Ereignisse.

Durch den Zusammenbruch der Front müssen sich die Mittelmächte geschlagen geben. Die Kaiser in Deutschland und Österreich-Ungarn müssen abdanken und die einzelnen Nationen der Monarchie erklären sich für unabhängig. In Österreich wird am 12. November die Republik ausgerufen. In Anbetracht dieser Umwälzungen ist an Fußball nicht zu denken.

Wie Phönix aus der Asche

Und dennoch wird Sturm von seinen Mitgliedern nicht vergessen. Bereits drei Wochen nach Ausrufung der Republik beruft Sturm am 8. Dezember die erste Vollversammlung nach dem Krieg ein. Wenige Wochen danach, am 12. Jänner 1919, folgt die erste Generalversammlung nach dem Krieg. Sturm hat den Krieg überlebt – im Gegensatz zu vielen anderen Vereine. Während sich die Amateure bereits 1914 auflösten, schafften es Rapid und die GSV nicht sich nach dem Krieg neu zu formieren. Und die Klubführung ging mit Eifer daran den Klub neu aufzubauen. Unter dem neu gewählten Obmann Aßmann veranstaltet Sturm am 8. März bereits den ersten Steirerball. Drei Tage davor, am 5. März 1919, verkündet der Verein, dass es ihm gelungen ist durch das Entgegenkommen des Bäckermeisters und Fuhrwerkers Michael Höller – Vater des gleichnamigen Sturmspielers –  sich einen Sportplatz am Jakominigürtel zu sichern. Dieses Grundstück, eine Lagerstätte für Holz war im Besitz der Familie Althaller, den Eigentümern des Moserhof-Schlössls, Höller war der Pächter. Am 9. März hält Sturm dort bereits sein erstes Spiel gegen den Deutschen Sportklub ab, welches mit 5:2 gewonnen wird. Zur selben Zeit wird auch die Gründung einer Leichtathletik-Sektion bekannt gegeben, die neben Kugelstoßen, Diskuswerfen, Hochsprung, Laufen, Weit– und Stabhochsprung „alle gängigen Sportarten“ betreibt. Da es im Frühjahr noch keinen Meisterschaftsbetrieb gibt, stiftet Sturm, anlässlich seiner 10 Jahres Feier, einen Pokal für die zweitklassigen Vereine, welcher vom Verein Nordstern, dem späteren „Arbeiter Athletik Sportclub“, gewonnen wird.

Sportlich kann sich der GAK im Frühjahr 1919 vorerst die Vormachtstellung in Graz wieder zurückholen, jedoch nur für kurze Zeit. Der Fußballklub Sturm, dem im Jahr 1914 die Erstklassigkeit verweigert wurde, da er noch nie gegen einen Wiener Verein angetreten war, ladet die Wiener Hakoah und den Nussdorfer AC nach Graz ein und kann gegen beide Gegner einen Sieg erringen. Zudem wird Sturm nach Wien zum Jubiläumsturnier des SK Rapid eingeladen, wo es eine knappe Niederlage gegen die Rapid-Reserven setzt. Mit diesen Resultaten im Rücken wird Sturm im Juli 1919 endlich, als zweiter Grazer Verein, erstklassig erklärt. Im Herbst 1919 schreibt der DAFV einen Cup um den Titel der 1. Klasse aus. In fünf Spielen sollen Sturm und der GAK den Meister ausspielen. Im September erkämpfte Sturm ein 2:2 Unentschieden und am 5. Oktober 1919 wurde der GAK endgültig vom Thron gestoßen. Sturm siegte klar mit 5:2, daraufhin zieht sich der GAK aus dem Cupbewerb zurück. Ende 1919 stellt Sturm bereits 5 Mannschaften, darunter auch eine eigene Jugendmannschaft, und das „Deutsch-Alpenländische Sportblatt“ schreibt in seiner Ausgabe vom 11. Dezember 1919: „Der Sportklub Sturm einer unserer ältesten Grazer Vereine, der heuer seinen 10 jährigen Bestand feiern konnte, hat sich im Laufe der Herbstspielzeit an die erste Stelle emporgearbeitet.“

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