Nachbetrachtung zum „Rasendrama“

Bald ist es zwei Wochen her, seit bekannt wurde, dass das Sturmstadion Liebenau aufgrund des Rasens vorläufig gesperrt wird und der SK Sturm für die zwei „Heimspiele“ gegen RB Salzburg in Liga und Cup nach Klagenfurt umsiedeln muss. Als Kollektiv 1909 war uns von vornherein klar, dass wir diesen Umstand nicht unkommentiert stehen lassen dürfen: So haben wir direkt im Anschluss an das Bekanntwerden dieser Misere via Aussendung Stellung bezogen und auf das Versagen der Stadt hingewiesen. Die Resonanz hier war enorm, sogar die Social Media-Abteilung des Sportamts fühlte sich bemüßigt, unsere Aussendung auf Facebook zu kommentieren und zu versichern, dass die Messegesellschaft als Betreiber des Stadions den Rasen schnellstmöglich austauschen wird. Das sollte aber eine Selbstverständlichkeit sein und ändert absolut nichts daran, dass viel zu spät gehandelt wurde und eine Sperre sehenden Auges in Kauf genommen wurde.

Ein Artikel in der Kleinen Zeitung vom darauffolgenden Samstag hat den Verdacht bestätigt, dass bereits seit Jahren massive Missstände bestehen: So wurde berichtet, dass die damaligen Platzwarte des Liebenauer Stadions im Sommer 2019 unter dubiosen Umständen „gegangen“ worden waren – einer davon, ein ausgebildeter Greenkeeper, aus „Kostengründen“. Diese Begründung erscheint umso zynischer, wenn man bedenkt, dass die Stadt Graz nur ein Jahr darauf einen neuen Vorstandsposten extra für den Sportbereich der Grazer Messe geschaffen hat. Jahresgehalt: satte 196.000€. Auch die „Umgestaltung“ des Platzes bei der ehemaligen 4er-Endstation in eine Betonwüste hat sich die Stadt sagenhafte 4,9 Millionen Euro kosten lassen. Für die Erledigung der Hausaufgaben fehlt es hingegen an Geld, Kompetenz oder schlichtweg Willen.

Betonwüste Bertha-von-Suttner-Platz.

Am Sonntag vor einer Woche haben wir schließlich mit einem bewusst polemischen Spruchband am Schlossberg und einer kleineren Aktion beim Stadion deutlich gemacht, wo wir in letzter Instanz die Verantwortung für dieses Totalversagen sehen: Nämlich bei der Stadtregierung und Bürgermeister Nagl, die – wie wir in unserer letzten Aussendung zum Thema bereits festgestellt haben – in Sachen Stadion seit vielen Jahren nicht viel weitergebracht und vor allem mit leeren Worten geglänzt haben. Dass es jetzt als Leistung verkauft wird, den Rasen wieder bespielbar zu machen, passt nur zu gut ins Bild. Man mag von einer U-Bahn in Graz halten, was man will, aber wenn man hier auch nur ansatzweise so dilettantisch agiert wie in der Stadionfrage, wird daraus sowieso nichts.

Kleiner Denkanstoß am Schloßberg.

Auch wenn Liebenau nun wieder einsatzfähig ist, ändert sich nichts am Grundproblem: Der Fußball und der gesamte (Breiten-)Sport werden in Graz seit Jahren vernachlässigt, das spürt nicht nur der SK Sturm, sondern auch die Vielzahl an Kleinvereinen, die am Existenzminimum kratzen. Sportpolitik besteht meist nur aus geldfressenden PR-Aktionen (man denke etwa an Nagls Olympia-Träumereien vor einigen Jahren!), die hochgerechnet vermutlich schon einen halben Stadionneubau finanziert hätten. Solange dieses System aus Freunderlwirtschaft, leeren Ankündigungen und teuren Imagekampagnen die Grazer Sportpolitik beherrscht, wird nichts weitergehen. Und gerade der SK Sturm ist aus fußballerischer Sicht zum wiederholten Male Leidtragender des Systems Nagl. Obwohl man das absolute Aushängeschild der Stadt darstellt, stoßen die Anliegen von Verein und Fans seit Jahren auf taube Ohren. Denn nicht nur das Rasenfiasko zeigt: Graz benötigt zwei Stadien! Solange sich der aktuelle Bürgermeister jeglichen ernsthaften Diskussionen in diese Richtung verweigert oder mit neuen Luftschlössern abzulenken versucht, werden wir lästig bleiben und uns öffentlich zur Causa zu Wort melden, wenn wir es für richtig erachten.