FINALSTORIES: KLAGENFURT 1.0 – 2010

Heute springen wir mit unseren Finalstories in das nächste Jahrhundert. Genauer gesagt handelt es sich um den Cuperfolg 2010 in Klagenfurt. Der erste Titel nach der Konkurszeit. Es sollte nicht der letzte bleiben. Viel Spaß beim Lesen!


Da war er nun endlich, DER Tag, der heiß ersehnte Sonntag, der 16. Mai 2010. Viele Jahre hatte man nun schon auf einen Titel gewartet und nun war endlich wieder einer zum Greifen nahe. So dachten offenbar die meisten Sturmfans und es kündigte sich bereits im Kartenvorverkauf eine Völkerwanderung nach Klagenfurt an. Im Vorfeld sprach man von über 15.000 Schwoazn, die den Weg über die Pack finden würden. Optimisten schätzten gar 20.000. Niemand konnte allerding ahnen, welche Massen Sturm tatsächlich bewegen kann. In der Vorverkaufszeit wurde die Anzahl an Karten und Sektoren für Sturm beinahe täglich nach oben korrigiert bzw. erweitert.

Die Nacht vor dem Finale wurde in freudiger Erwartung fast ohne Schlaf verbracht und so stieg die Szene um ca. 9 Uhr in die Busse, um Klagenfurt ohne gröbere Verkehrsbehinderung zu erreichen und um sich gemeinsam auf das Spiel einzustimmen. Und natürlich galt es für uns auch noch eine Choreografie vorzubereiten, an der schon Tage zuvor eifrigst gearbeitet worden war.

Allerding bereitete uns da ein Material Schwierigkeiten und so sollte die Choreografie dann heute doch etwas kleiner ausfallen und „nur“ aus Fahnen bestehen.

Vor der Abreise und auf der Fahrt wurde jedem schnell klar, dass absolut niemand an eine Niederlage dachte und jeder nur den Cupsieg vor Augen hatte. Trotzdem konnte niemand seine Nervosität leugnen.

In Klagenfurt angekommen führte der erste Weg ins Stadion, um nun die Choreografie aufzubauen und alles für ein Fußballfest vorzubereiten. Man entschied sich für tausende schwarz-weiß karierte Fähnchen garniert mit dem Spruchband „Schreibt Geschichte – holt euch den Pokal“. Weiße T-Shirt mit der gleichen Aufschrift wurden bereits im Bus ausgeteilt und später auch noch vor dem Stadion verkauft. Leider muss man hier erwähnen, dass uns der Verein trotz vorangegangener Gespräche mit den offiziellen schwarzen Cup-Shirt ein Ei legte und dadurch eine „weiße Wand“ in Klagefurt verhinderte. Auch das Wetter spielte leider nicht mit, denn es war sehr kühl und so hatte nicht jeder das passende Gewand, um sich das T-Shirt drüber zu ziehen.

Als im Stadion alles fertig war, machte man sich auf, um die „Gastromeile“ zu erkunden. Alles eher minimal angelegt und die Wirte begannen sogar schon durch unseren Ansturm zu schwitzen. Wie man sich vorgestellt hatte, so dem Ansturm der tausenden, im Laufe des Tages eintrudelnden, Fans Herr zu werden, blieb ein Rätsel. Einige Leute machten sich auf, um sich eine gemütliche Bleibe etwas abseits des Stadions zu suchen und auch dort konnte man eine schwarz-weiße Invasion bestaunen, die aus allen Gassen und Straßen der Stadt Richtung Stadion zog, teilweise mit lauten Gesängen oder auch mit Einsatz von Pyrotechnik. Jung und Alt, alles war vertreten und bildete eine Einheit, um unseren SK Sturm heute zum Sieg zu treiben. Man spürte das Kribbeln im Bauch und man war sich dessen bewusst, dass das hier heute kein Spiel wie jedes andere werden würde.

Die Stunden bis zum Anpfiff wurden gezählt, aber durch Bier und Würstel vergingen auch diese sehr zügig.

Zeitig machte man sich auf, um das Stadion zu betreten und so wurde nach Stadionöffnung noch die letzten Kleinigkeiten für das Spiel vorbereitet. Auf der Mittellinie waren schon die ersten Spieler versammelt und das nützte man gleich, um sich mit den ersten Gesängen auf das Spiel einzustimmen. Auch die größeren Fahnen wurden hier gleich mal ausprobiert. Als die Gesänge erstmals ertönten, staunten auch die Spieler nicht schlecht und beobachteten sie interessiert das Treiben auf der Nordtribüne. Danach ging es für die Mannschaft wieder in die Kabine, um nach einiger Zeit wieder für das Aufwärmen auf das Spielfeld zu kommen. Das Stadion füllte sich recht rasch und bald waren auch schon über 25.000 Sturmfans auf den Tribünen und niemand konnte sich vorstellen, dass das Grüppchen angereister Wr. Neustädter mit ihrer Mannschaft den Titel feiern würde. Zu lange war der letzte Titel her, zu groß die Hoffnung, dass diese atemberaubende Kulisse den Gegner lähmen würde.

Nach zwei Stunden im Stadion dann endlich der Moment, als die Mannschaften das Spielfeld betraten. Ein tolles Bild ergaben die tausenden Fähnchen und das Spruchband. Der Geräuschpegel war extrem hoch, obwohl man das Problem hatte, dass die Tonanlage ausfiel und man eine solche Masse mit Megaphonen nur schwer dirigieren konnten. Motivieren musste man an diesem Tag aber ohnehin keinen.

In der Anfangsphase des Spiels traf die Hoffnung, den Gegner zu lähmen, wohl eher auf die eigene Mannschaft zu. Man konnte von Glück reden, dass der Schiedsrichter nicht bereits nach wenigen Minuten auf Elfmeter für Neustadt entschied und auch Aigner fand eine Riesenchance vor, die Gratzei parieren konnte. Danach konnten sich die Jungs fangen und fanden mit der Zeit besser ins Spiel. Auch die Stimmung war aufgrund der Anfangsphase etwas gedrückt, aber trotzdem konnte man das Stadion immer wieder, im wahrsten Sinne des Wortes, zum Beben bringen. Bei einigen Gesangs- und Hüpfeinlagen wankte neben dem, hauptsächlich aus Stahl bestehenden, Oberrang nicht nur die gesamte Tribüne samt Dach, sondern auch die Anzeigetafel wippte hin und her. Dies wurde dann doch mit einem etwas mulmigen Gefühl beobachtet. Wie man später erfuhr, war dies auch gar nicht so ungefährlich, da sich das Kühlaggregat langsam löste und teilweise nur noch an Gurten hing. Mit etwas Pech hätte dies auch sehr böse enden können.

Mit einem torlosen Unentschieden ging es dann in die Pause und die ersten begannen ungläubig zu zweifeln. Nur eine Kopfballchance von Lavric konnte man vorweisen, auch wenn die Neustädter nach der Anfangsphase keine Großchance mehr hatten, so war sie in Summe doch gefährlicher.

Offenbar schien das ganze Stadion zu merken, dass etwas passieren musste, denn als die Mannschaften zurück kamen, erreichte die Stimmung erstmals ihren Höhepunkt. Die Nordtribüne bot eine Pyroshow in Form von Bengalos im zweiten Rang, um die Stimmung so noch mehr anzuheizen. Auf diese Darbietung folgte, neben dem obligatorischen Banner, ein lautes „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“, das vom Rest des Stadions mit Applaus quittiert wurde. Das konnte auch Herr Krentl mit seiner Abmahnung nicht unterbinden.

Das Spiel blieb allerdings weiterhin hart umkämpft und taktisch geprägt. Keine der Mannschaften wollte das erste Tor kassieren.

Als auch Foda einsah, dass es so wohl nichts werden würde, brachte er Beichler, Muratovic und Haas ins Spiel. Durch diese drei, vor allem aber durch „Bomber“ Haas, ging ein merklicher Ruck durch die Mannschaft. Es wurde schneller kombiniert und offensiver gespielt.

Eine Aktion der beiden Joker Haas und Muratovic brachte dann auch die Entscheidung. Muratovic mit einem sehenswerten Zuspiel auf Haas, der flankte aufs lange Eck und dort stand einmal mehr Lavric komplett richtig und köpfte ein.

Was sich jetzt im Stadion abspielte, kann man hier nicht in Worten wiedergeben. Das muss man einfach erlebt haben. Nach diesem Tor brachen alle Dämme und der Jubel war einfach unbeschreiblich und grenzenlos. Der Torschrei war ohrenbetäubend, man musste sich fast schon vor jubelnden Händen schützen als sich die Leute überglücklich in den Armen lagen. Im Oberrang flammten dann rund herum auch schon die ersten bengalischen Lichter auf, dazu noch ein schwarz-weißes Meer bestehend aus Fahnen und Schals. Diese Szenen waren einfach unbeschreiblich und werden wohl für immer unvergessen bleiben. Schließlich war man bereits in der 81. Spielminute und daher der so erhoffte Sieg sehr nahe.

Die letzten Minuten wurden zum Triumphmarsch der Mannschaft. Das gesamte Stadion blieb nach dem Treffer stehen, klatschte und sag mit. Eine Stimmung, die man wohl noch nie in einem österreichischen Stadion gesehen hatte.

Danach wurde noch ein Mal „Wenn wir hier stehen..“ angestimmt, dazu erhellten noch etliche bengalische Lichter die Nordtribüne und die Längsseite. Das ganze Stadion war am Hüpfen, Ober- und Unterrang. Wohin man schaute, überall schwarz-weiße Fahnen und Schals, die vor lauter Freude geschwenkt wurden. Das ganze Stadion war am Durchdrehen. Ein unglaublicher Höhepunkt und optisch ein Traum. Dieser Moment war fürs Leben, denn man fühlte sich wie in einer anderen Galaxie. Für einen Außenstehenden, der das liest, ist wohl schwer zu verstehen, welche Emotionen nach all den letzten Jahren hier wach wurden.

Noch kurz um Spiel zurück, denn die Wr. Neustädter versuchten noch mit hohen Bällen ihr Glück, aber unsere Defensive spielte den Cupsieg sicher nach Hause.

Mit dem Schlusspfiff strömten hunderte überglückliche Menschen aufs Spielfeld, um mit der Mannschaft zu feiern. Der Versuch der Ordner, die Menschenmassen am Platzsturm zu hindern, wurde schnell als chancenlos abgestempelt und so stand der Pokalübergabe und der Ehrenrunde danach nichts mehr im Wege. Während die einen am Feld feierten, wurde auf der Nordseite noch ein Mal die Schals hochgehalten und ein „Nue mehr, nur mehr SK Sturm“ angestimmt. Die fantastische Kulisse wird wohl jedem, der live dabei war, für immer in Erinnerung bleiben. Nicht umsonst sprachen viele von einem Sieg der Fanmassen. Über 25.000 Fans peitschten die Mannschaft zum ersten Titel nach 11 Jahren – wohl einzigartig in der Fußballgeschichte Österreichs.

Nach den Feierlichkeiten im Stadion begann man langsam zusammenzupacken und sich zurück zu den Bussen zu begeben. Dort noch mit einigen Bieren – andere begossen sie a la Formel 1 auf den folgenden Raststationen mit Schampus – auf den Sieg und damit die Europacupqualifikation für weitere internationale Abenteuer angestoßen, dann ging es langsam (!) heimwärts. Denn die Reise nach Graz sollte für viele zeitlich doch kein Katzensprung werden. So war man anfangs noch recht amüsiert, wenn hupende Autos mit Schals und Fahnen, die aus den Schiebedächern und Fenstern lachten, vorbeifuhren, allerdings durfte man diese wenig später auf der Pack wiedertreffen, da sich hier ein kilometerlanger Stau gebildet hatte. Das nagte teilweise schon an den Nerven, jedoch wurde diese wieder beruhigt, wenn man sich die feiernden Leute auf der Autobahn ansah. Die Strecke Graz-Klagenfurt war heute wohl nur schwarz-weiß.

Das Ziel der Heimreise war dann das eigene Stadion, wo der Verein eine „spontane“ Cupfeier veranstaltete. Eine sehr nette Idee, die allerdings nicht jedem schmeckte. Essen und beispielsweise Zigaretten gab es nur für VIP’s im Stadionturm zu kaufen, als „normaler“ Fan musste man mit abgestandenem Bier und Wurstsemmeln vorlieb nehmen und die Feier selbst diente wohl auch eher Werbezwecken. Leider wieder einmal eine Aktion, der eine gute Idee vorausging, an deren Umsetzung es allerdings haperte. Einen weiteren kleinen Hacken gab es an diesem Tag noch, denn die ungünstige Ankickzeit in Klagenfurt um 16:30 verhinderte in Graz wohl eine noch größere Feier. Denn als noch immer Busse aus Kärnten beim Stadion eintrudelten, waren die Spieler samt Pokal schon weg. Und so konnte auch nur ein „kleiner“ Teil der Leute in Grat, die dem Spiel in Klagenfurt nicht beiwohnen konnten, mit der Mannschaft feiern. Man stelle sich nur eine Pokalfeier, wie vor 14 Jahren, am Grazer Hauptplatz vor…Aber das konnte die Freude über den Titel nicht trüben und so wurde noch bis in die Nacht gefeiert und irgendwann in den frühen Morgenstunden fiel man erschöpft und glücklich ins Bett.